Archiv für den Monat: November 2016

Auf der Suche nach Wind

25.11.2016,12:00 UTC, 111 sm, 605 sm gesamt,noch 2.171 sm bis zum Ziel

Mann oh Mann, die groessten Sorgen vor der Reise hat man sich um zuviel Wind gemacht und dann das: haengen in der Flaute und keine wirkliche Besserung in Sicht. Wenn das so weitergeht, mache ich mir nicht nur Sorgen um meinen Rueckflug, sondern auch um Weihnachten und Silvester! Sind die ganze Nacht motort und taumeln seit 08:00 unter Segeln mit 2 kts vor uns hin. Wenigstens ist es heute warm, blauer Himmel mit Wolken und sonnig. Aber laenger koennen wir auch nicht motoren, sind ja kein Kreuzfahrtschiff und wir brauchen den Diesel, um die Batterien nachzuladen. Die Wetterwelt hatte uns mit einem neuen Routing nach WNW geschickt (also ein Stueck wieder zurueck) und heute morgen hatten wir auch kurzzeitig etwas Wind, aber nun….
Viel mehr gibt es an sich auch nicht zu berichten, wir sind so ziemlich am Ende des Feldes und der Erste mehr als 1.000 sm vor uns. Aber ich dachte mir, fuer diejenigen, die sich fragen, ob das nicht alles todlangweilig ist, schreibe ich mal einen typischen Tagesablauf auf am Beispiel des gestrigen Tages.
Er begann mit meiner Wache von 02:00 bis 05:00. Dann ins Bett und bis kurz vor 10 geschlafen. Aufstehen, Waesche und Fruehstueck und es war 11 Uhr. Wetter ueber Funk geholt, etwas gelesen, dann begann meine naechste Wache von 12:00 bis 16:00. Von 12 bis 13:30 Uhr Blog geschrieben und ARC Funkrunde sowie ARC Mails abgerufen. Kurz nach Ende meiner Wache wollten wir das Gross setzen, dass sich aber im Mast verklemmte. Kein Vor und kein Zurueck mehr. Alles versucht, dann bereitete sich Conny darauf vor, in den Mast gezogen zu werden und die verklemmten Falten ganz oben zu richten. Bei einem letzten Versuch (wenden, halsen, wenden, halsen) gelang es mir, das Gross zu befreien, sodass Conny nicht rauf musste. Inzwischen war es nach 17 Uhr und Conny fing an zu kochen. Nach dem Essen sofort hingelegt und geschlafen, bis um 23 Uhr meine neue Wache begann. Seht Ihr da irgendwo ein Fenster fuer Langeweile? Nun, wir an Bord nicht. Ich bin gerade mal beim zweiten Buch angekommen, da schaffe ich im Sommer an Bord der Purpurmond in der Zeit aber deutlich mehr. So, jetzt muss ich aber Schluss machen, die ARC Funkrunde beginnt…

Aufregung am Abend

24.11.2016,12:00 UTC, 115 sm, 494 sm gesamt,noch 2.280 sm bis zum Ziel
Seit gestern morgen haben wir Genua und Fock draussen und fahren nur noch unter dieser Passatbesegelung. Es ist ruhiges und sehr bestaendiges Segeln. Selbst in der Nacht hatten wir damit keine Probleme. Heute nacht zogen zwei Squalls durch, aber sie sind auf dem Radar sehr gut zu sehen und die beiden Segel lassen sich dank der feststehenden Spibaeume sofort wegreffen. Leider schmilzt die Butter immer noch nicht. Trotzdem haben wir um 11:30 UTC den Kurs auf 263 Grad geaendert – direkt nach St. Lucia!!! Aber wir haben so wenig Wind, dass man nicht glaubt, dass man auf dem Atlantik unterwegs ist. Das Etmal zeigt schon, wie langsam wir voran kommen. Irgendwie ist es mehr wie auf dem Chiemsee, ich glaube, selbst Nadine wurde bei diesen Bedingungen nicht seekrank.
Was wirklich sensationell arbeitet, ist die Selbststeueranlage. Wirklich unglaublich, wie schnell und praezise sie das Boot durch die hohen Wellen steuert. Und wir merken richtig, wie der Stromverbrauch runtergeht, weil wir den Autopiloten nicht mehr brauchen. Vom Verschleiss einmal ganz abgesehen.
Gestern abend gab es den Mahi Mahi – sehr lecker, sehr zartes Fleisch. Auf Wunsch von Paul werde ich die Angel heute nicht heraushaengen – er braucht Fleisch. 🙂 Aber morgen werden wir unser Glueck dann wieder versuchen.
Gestern abend wurde es dann auch noch richtig spannend(wobei spannend an sich nicht das richtige Wort ist, aber mir faellt nichts besseres ein): Auf VHF kam ein Mayday herein. Reger Funkverkehr und am Ende stellte sich heraus, dass 20 sm hinter uns eine deutsche Segelyacht nach Wassereinbruch auf Tiefe gegangen ist. Gott sei Dank wurden alle fuenf Besatzungsmitglieder unversehrt von einem Frachter aufgenommen. Wir waren kurz davor, umzukehren und Hilfe zu leisten, konnten dann aber beeruhigt weiter fahren. Und jetzt kommt die Haerte: Conny meint, dass wir die Segler kennen. Ihrer Meinung nach handelt es sich um ein deutsches Ehepaar mit zwei kleinen Kindern und noch einem weiteren Besatzungsmitglied. Schatz – Conny meint, Du haettest Dich bei einem der Sundowner laenger mit ihr unterhalten. Na, der grenzenlosen Erleichterung darueber, dass es so glimpflich ausgegangen ist, folgte dann aber doch ein laengeres Schweigen – so etwas belastet doch sehr und man denkt wieder, hoffentlich kommen wir gut an.
Die ARC Leitung sendete dann noch ein Mail ueber den Vorgang und fuehrte darin zusaetzlich noch einige Schiffe auf, die wegen Mastbruches, gerissenen Steuerseilen und aehnlicher Probleme auf dem Rueckweg zu den Kanaren sind. Und ein Schiff hat wohl einen Wal gerammt, aber keinen Schaden davon getragen.
Wie auch immer, der Blick geht nach vorne. Irgendwann muss der Passat doch mal kommen, das Fleece in die Ecke geworfen werden koennen und blauer Himmel, Sonne und tolle Naechte mit Millionen von funkelnden Sternen das Grau in Grau verjagen.

Rollercoaster oder Segelboot…

23.11.2016,12:00 UTC, 136 sm, 379 sm gesamt,noch 2.392 sm bis zum Ziel

..was fuer eine Nacht! Doch der Reihe nach:
An sich gibt es gar nicht viel zu berichten. Im Laufe des gestrigen Tages legte der Wind zu und die Welle wurde immer hoeher. Fuer die Nacht beschlossen wir daher, nur die Genua stehen zu lassen. Paul probierte das erste Mal seine Selbststeueranlage aus und sie funkionierte richtig gut.
Aufgrund der quer von hinten anlaufenden Welle rollte das Boot dermassen, dass ich irgendwann waehrend meiner Freiwache in meiner Koje das Gefuehl hatte, immer nur wie eine Billardkugel ueber Bande gespielt zu werden. Festkeilen quer im Bett half dann etwas. Aber erstaunlicherweise ist bis heute noch keinem von uns uebel geworden. Die lange Atlantikwelle ist einfach nur angenehm, viel schoener und weicher als die im Mittelmeer. Am Anfang hat man ein wenig Angst, wenn von hinten so ein 3m Ungetuem anrollt, aber das legt sich sehr schnell, wenn man sieht, wie sanft die Welle das Boot anhebt und dann drunter her rollt. Und ich muss fairerweise zugeben, dass ein Monohull deutlich angenehmer mit dieser Welle umgeht als unser Cat.
Langeweile haben wir auch nicht. Die Tage gehen einfach so rum und dann ist auch schon wieder Abend. Die erste Nacht empfand ich – wie immer – als sehr gewoehnungsbeduerftig. Es war trotz des Halbmondes stockduester (Mond hinter Wolken verschwunden)und ich denke dann immer so an schlafende Wale und an der Oberflaeche treibende Container, wuerg. Aber auch in diesem Fall kehrt eine gewisse Routine ein und die letzte Nacht empfand ich schon als voellig normal. Dazu traegt sicherlich auch bei, dass das Vertrauen in die Seetuechtigkeit des Schiffes mit jeder Bewegung waechst.
Die Stimmung an Bord ist weiterhin praechtig und Conny war so lieb, uns gestern abend trotz der Ping Pong Bewegungen ein warmes Chili con Carne zu servieren. Nachdem wir nachts weiterhin Fleece brauchen, tat so ein warmes Essen sehr gut.
Seit heute morgen steht die Passatbesegelung und wir kommen dem Punkt, an dem wir nach Westen abbiegen werden, immer naeher. Es sind noch gut 350 sm, d.h. irgendwann in der Nacht von Freitag auf Samstag werden wir den Blinker setzen. Jetzt wird das erste Mal die Angel ausgeworfen.
DAS GIBT ES DOCH NICHT: An sich wollte ich den Blog schon wegschicken, jetzt muss ich doch tatsaechlich noch etwas ergaenzen. Nach nicht einmal 1 Stunde hatten wir bereits einen 70 cm langen Mahi Mahi an der Angel und die Plaene fuer das Abendessen blitzschnell angepasst. 🙂